Weihnachten: Gewalt unterm Christbaum

Florian Friedrich • 21. Dezember 2025

FAQ: Ich leide unter einem Bindungstrauma und besuche zu Weihnachten meine Eltern, die mich immer wieder abwerten? Wie kann ich mich schützen?

Viele Menschen erleben unterm Christbaum Gewalt. Hier findest du ein paar Tipps, die dir helfen können, dich zu schützen.

Weihnachten: Gewalt unterm Christbaum

Gerade an Weihnachten kann es besonders schmerzhaft sein, Opfer von emotionaler Gewalt zu werden. Bei einem Bindungstrauma können abwertende Eltern alte Wunden schnell wieder aktivieren. Du bist damit nicht allein, und es gibt Dinge, die dir konkret helfen können, ohne dass du dich selbst verlieren musst.


Vor dem Besuch – Vorbereitung schützt

  • Erwartungen realistisch halten: Erinnere dich: Sie werden sich vermutlich nicht ändern. Das ist kein Versagen von dir.
  • Innere Erlaubnis: Du darfst dich schützen. Nähe ist kein Pflichtprogramm.
  • Skripte vorbereiten: Kurze, neutrale Antworten helfen, wenn Abwertung kommt.
    Beispiele:
  • „Das sehe ich anders.“
  • „Darüber möchte ich jetzt nicht sprechen.“
  • „Ich gehe kurz an die frische Luft.“
  • „Was ist deine Absicht? Wozu wertest du mich ab?“
  • Verbündete planen: Gibt es eine Person (Partner:in, Freund:in), die weiß, wie es dir geht und erreichbar ist?


Während des Besuchs – im Körper bleiben

  • Grey Rock (emotional neutral): Wenig Erklärung, wenig Reaktion. Abwertung lebt von Resonanz.
  • Körperliche Erdung:
  • Füße fest auf den Boden drücken, langsam ausatmen (länger aus als ein).
  • Unauffällig einen Gegenstand berühren (Ring, Stein) und dir sagen: „Ich bin jetzt erwachsen und sicher.“
  • Mikro-Pausen: Toilette, Spaziergang, kurz telefonieren. Abstand reguliert das Nervensystem.

Grenzen – klein, klar, konsequent

  • Grenzen müssen nicht erklärt werden.
  • „So möchte ich nicht angesprochen werden.“
  • „Wenn das so weitergeht, gehe ich.“
  • Wichtig: Konsequenz (auch wenn es sich unangenehm anfühlt). Das ist Selbstschutz, kein Angriff.


Nach dem Besuch – Nachsorge ist entscheidend

  • Entladen: Schreiben, weinen, duschen, Bewegung – alles, was Spannung abbaut.
  • Validierung: Sag dir bewusst: „Es war schwer. Meine Reaktion ist verständlich.“
  • Verbindung suchen: Mit jemandem sprechen, der dich glaubt und nicht relativiert.



Wenn es zu viel wird

  • Du darfst früher gehen, kürzer bleiben oder gar nicht kommen.
    Bindungstrauma heilt nicht durch erneutes Aushalten von Abwertung.
  • Wenn möglich: Begleitende Unterstützung (Therapie/Traumaberatung) ist sehr hilfreich – besonders rund um Trigger-Zeiten wie Weihnachten.

Die stille Seite von Weihnachten – Was niemand ausspricht

Hier sind konkrete, kurze und schützende Antworten auf typische abwertende Sätze – so formuliert, dass du dich nicht rechtfertigen musst und die Eskalation gering bleibt. Du kannst sie innerlich üben und dann auswählen, was sich für dich stimmig anfühlt.


1. Abwertung deiner Persönlichkeit

„Du bist immer so empfindlich.“

  • „So erlebe ich mich nicht.“
  • „Bitte sprich respektvoll mit mir.“
  • „Das ist deine Sicht, ich sehe das anders.“

„Mit dir kann man ja nichts sagen.“

  • „Doch, in einem respektvollen Ton schon.“
  • „Ich bin offen für Gespräche ohne Abwertung.“


2. Infragestellen deiner Wahrnehmung (Gaslighting)

„Das hast du dir eingebildet.“

  • „So habe ich es erlebt.“
  • „Meine Wahrnehmung ist gültig.“

„Das war doch nur Spaß.“

  • „Für mich war es nicht lustig.“
  • „Ich möchte so nicht angesprochen werden.“


3. Vergleich mit anderen

„Andere Kinder sind dankbarer / erfolgreicher.“

  • „Vergleiche helfen mir nicht.“
  • „Ich bin nicht hier, um mich zu vergleichen.“

„Deine Schwester/dein Bruder macht das besser.“

  • „Ich bin ich.“
  • „Bitte vergleiche mich nicht.“


4. Abwertung deiner Entscheidungen

„Das ist doch keine richtige Arbeit.“

  • „Für mich ist das stimmig.“
  • „Ich bin zufrieden mit meinem Weg.“

„Davon kannst du doch nicht leben.“

  • „Ich kümmere mich darum.“
  • „Das ist meine Verantwortung.“


5. Schuldumkehr

„Du bist immer so schwierig.“

  • „Ich setze gerade eine Grenze.“
  • „Schwierig ist für mich respektloser Umgang.“

„Du machst alles kaputt.“

  • „So möchte ich nicht angesprochen werden.“
  • „Ich ziehe mich jetzt aus dem Gespräch zurück.“


6. Wenn es weitergeht – klare Grenze

  • „Wenn das so weitergeht, gehe ich jetzt.“
  • „Ich beende das Gespräch hier.“
  • „Ich brauche Abstand.“

Wichtig: Danach handeln (Raum verlassen, Thema wechseln, Spaziergang).


7. Innere Sätze (leise für dich)

Manchmal hilft es, gar nichts zu sagen, sondern dich innerlich zu stabilisieren:

  • „Ich bin erwachsen und nicht ausgeliefert.“
  • „Das sagt etwas über sie aus, nicht über mich.“
  • „Ich darf mich schützen.“

Ein letzter, wichtiger Punkt

Du musst nicht schlagfertig, ruhig oder „reif“ reagieren.
Schon eine Grenze oder ein Rückzug sind ein Erfolg – besonders bei Bindungstrauma.

Einen Termin vereinbaren

von Hannes Heissl 21. Dezember 2025
Wenn die stille Zeit keinen Frieden bringt Weihnachten gilt als das Fest der Liebe, der Familie und der Geborgenheit. Lichterketten erhellen die Straßen, Menschen rücken näher zusammen, und überall wird Harmonie propagiert. Doch hinter vielen verschlossenen Türen sieht die Realität anders aus. Für manche ist Weihnachten keine Zeit der Freude, sondern eine Phase erhöhter Anspannung – und leider auch ein Zeitraum, in dem häusliche Gewalt zunimmt.
Probleme in der Partnerschaft hypnosystemisch utilisieren
von Florian Friedrich 21. Dezember 2025
Wie Beziehungskrisen zu Ressourcen für Entwicklung und Wachstum werden können Partnerschaftliche Probleme werden häufig als Störung erlebt: etwas, das möglichst schnell gelöst, reduziert oder beseitigt werden soll. Streit, Rückzug, Eifersucht oder emotionale Distanz gelten als Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Der hypnosystemische Ansatz bietet hier eine erfrischend andere Perspektive: Probleme sind keine Defekte – sie sind sinnvolle Reaktionen eines Beziehungssystems. In diesem Artikel zeige ich, wie sich Probleme in der Partnerschaft hypnosystemisch utilisieren lassen – also so nutzen, dass sie zu Entwicklung, Verbundenheit und Selbstwirksamkeit beitragen, statt die Beziehung weiter zu belasten.
Psychologe, Psychotherapeut oder Coach?
von Florian Friedrich 20. Dezember 2025
Warum ist es in der Hypnosystemik nicht wesentlich, ob jemand Psychologe oder Psychotherapeut oder Coach ist? In der Hypnosystemik ist es nicht wesentlich, ob jemand Psycholog:in, Psychotherapeut:in oder Coach ist, weil der Ansatz nicht professions-, sondern prozessorientiert denkt. Entscheidend ist nicht die formale Rolle, sondern wie Veränderungsprozesse im Erleben eines Menschen ermöglicht werden.  Ich ergänze noch, dass ich berufspolitisch die Diskussion nachvollziehen kann. Es geht ja auch um unsere anerkennenswerten Bedürfnisse von Fairness, Sicherheit, Wertschätzung gegenüber der jeweiligen Berufsgruppe. Aber hierfür ist Spaltung aus meiner Sicht sicherlich schädlich. Die Unterscheidung ist schon allein zwecks Abrechnung wichtig.
Ist ADHS ein Traumafolgesymptom?
von Florian Friedrich 20. Dezember 2025
ADHS hat nichts mit Trauma zu tun Kurz gesagt: ADHS entsteht nicht als Traumafolgestörung, aber traumatische Erfahrungen können Symptome hervorrufen, die ADHS ähneln oder bestehende ADHS-Symptome verstärken. Dadurch kann es manchmal so wirken, als sei ADHS eine Folge eines Traumas – was jedoch fachlich nicht korrekt ist. Lesen Sie in diesem Artikel, warum ADHS kein Traumafolgesymptom ist.