Beratung, Psychotherapie oder Coaching?
Warum es in der Hypnosystemik egal ist, ob wir Beratung, Psychotherapie oder Coaching sagen
In vielen professionellen Kontexten wird leidenschaftlich darüber diskutiert, ob ein Angebot Beratung, Psychotherapie oder Coaching ist. In der Hypnosystemik nach Gunther Schmidt spielt diese Unterscheidung jedoch eine überraschend geringe Rolle. Das ist kein Zufall – sondern Ausdruck eines grundlegend anderen Verständnisses von Entwicklungsprozessen und Veränderung.

Der Fokus liegt nicht auf dem Etikett, sondern auf den Veränderungsprozessen
Die Hypnosystemik interessiert sich nicht primär für formale Kategorien, sondern für die Frage: Was ermöglicht im Inneren eines Menschen hilfreiche Selbstorganisation?
Veränderung entsteht aus hypnosystemischer Sicht nicht dadurch, dass eine Expertin etwas anwendet, sondern dadurch, dass innere Systeme in passende Zustände bzw. Lösungsmuster kommen, in denen neue Erfahrungen möglich werden. Ob dieser Prozess unter dem Titel Therapie, Coaching oder Beratung stattfindet, ist für das Nervensystem nebensächlich.
Organismus, Hirn und Nervensystem unterscheiden keine Formate
Ein zentrales hypnosystemisches Argument lautet:
Das
autonome Nervensystem reagiert nicht auf Begriffe, sondern auf Erfahrungen.
Es reagiert auf:
- Beziehungssicherheit
- Wertschätzung und Resonanz
- Sinnvolle Ziele
- Wahlfreiheit
- emotionale Stimmigkeit
- Unterschiedsbildung
- Autonomie
Die Bezeichnung des Settings hat darauf kaum Einfluss – manchmal wirkt sie sogar hinderlich, wenn sie problemorientierte oder defizitäre Trancen verstärkt.
Probleme sind keine Defekte, sondern kontextabhängige Muster
In der Hypnosystemik gelten Symptome nicht als Störungen, die „behandelt“ werden müssen, sondern als:
- erlernte Muster,
- die in bestimmten Kontexten sinnvoll waren oder sind.
Die zentrale Frage lautet daher nicht:
„Welche Diagnose liegt vor?“
Sondern:
„In welchem Zusammenhang zeigt dieses Muster seine Logik – und welche Alternativen könnten hilfreicher sein?“
Diese Perspektive passt ebenso in Coaching- wie in Therapiekontexte.
Die wirksamen Faktoren sind formatübergreifend
Hypnosystemische Arbeit nutzt Wirkprinzipien, die in allen drei Formaten identisch sind, zum Beispiel:
- Aufmerksamkeitsfokussierung
- Aktivierung von Ressourcen
- Arbeit mit inneren Bildern und Körperzuständen
- Perspektiv- und Kontextwechsel
- Zukunfts- und Lösungsorientierung
- Seitenmodellen
- Alltagstrancen
Diese Wirkfaktoren sind empirisch gut belegt – und nicht an das jeweilige Etikett gebunden.
Haltung und Methode vor dem Etikett
Ein weiterer Kernpunkt der Hypnosystemik ist die Haltung der begleitenden Person:
- nicht-pathologisierend, sondern ressourcenorientiert und utilisierend
- kooperativ statt hierarchisch
- autonomiefördernd
- würdigend und respektvoll
- demütig
Diese Haltung ist weder exklusiv für Therapie noch für Coaching. Sie ist vielmehr eine Beziehungsqualität, die Veränderung begünstigt – unabhängig vom Setting.
Klarheit ist wichtig – aber nicht über Begriffe
Hypnosystemik bedeutet nicht Beliebigkeit. Sehr wohl wichtig sind:
- klare Auftragsklärung
- Transparenz über Rollen und Verantwortung
- rechtliche und ethische Rahmenbedingungen
- Felt Sense
Doch diese Klarheit entsteht durch Vereinbarung und Kommunikation, nicht durch die Bezeichnung auf dem Türschild.
Fazit
Aus hypnosystemischer Sicht gilt: Nicht das Setting bewirkt Veränderung, sondern die Art, wie Aufmerksamkeit, Beziehung und Bedeutung organisiert werden.
Ob wir unsere Arbeit Beratung, Psychotherapie oder Coaching nennen, ist daher zweitrangig – entscheidend ist, welche inneren Prozesse wir ermöglichen und wie wir Menschen in ihrer Selbstwirksamkeit stärken.
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