Trans*Gutachten in Deutschland und Österreich - die Unterschiede

Florian Friedrich • 29. August 2025

Gutachten sind fast immer notwendig

Da ich im Bundesland Salzburg als Grenzregion zu Deutschland arbeite und auch online psychotherapeutisch mit trans* (trans*identen, trans*gender, transsexuellen, nicht binären) Menschen in Deutschland arbeite, möchte ich in diesem Beitrag auf die großen Unterschiede bei der Erstellung von Gutachten in Deutschland und Österreich hinweisen. 


In den meisten europäischen Ländern müssen sich trans*Personen medizinisch, psychologisch und psychiatrisch untersuchen lassen, wenn sie ihren Personenstand ändern möchten oder medizinische und hormonelle Maßnahmen zur Angleichung an das Wunschgeschlecht anstreben. Es braucht dann in der Regel ein psychologisches oder sogar gerichtliches Gutachten.


Lesen Sie in diesem Artikel über die Unterschiede in den trans*Gutachten bzw. Stellungnahmen bei trans*Identität in Österreich und Deutschland.

Trans*Gutachten in Deutschland und Österreich - die Unterschiede

Die Situation in Deutschland

Im Gegensatz zu Österreich ist das ganze Prozedere in Deutschland wesentlich komplexer, komplizierter und auch trans*feindlicher. So müssen Betroffene in Deutschland laut dem „Transsexuellengesetz“ aus dem Jahr 1981 mit Psycholog*innen und einem/einer Richter*in sprechen, um ihren Vornamen und ihr Geschlecht offiziell ändern zu können.

Die Gutachter*innen und Richter*innen sind dabei nicht immer trans*freundlich eingestellt. Trans*Personen müssen zwei unabhängigen Gutachter*innen ihre trans*Identität beweisen, stehen also in einer Bringschuld, was per se schon mal aus einer ethischen Perspektive hochproblematisch ist, weil nur eine trans*Person selbst spüren kann, wie sie sich fühlt, und es hier auch nichts zu beweisen gibt. Zudem kann dieser Prozess in Deutschland viele Jahre lange dauern.


Immer wieder kommt es hier zu Problemen, etwa wenn gerichtliche Gutachter*innen zu wenig sachkundig sind oder die betroffenen Menschen und ihre Gefühle einfach nicht ernst nehmen und deren Geschlechtsinkongruenz anzweifeln. Auch das Schreckgespenst der Detransition macht so manchem/mancher Gutachter*in Angst.

Etwa ein Prozent aller Menschen wollen nach ihrem Prozess der hormonellen und chirurgischen Maßnahmen zur Anpassung an das Gegengeschlecht wieder zurück in ihren ursprünglichen Körper. Das nennt man „Detransition“ oder „Retransition“. Ist ein Gutachter*/eine Gutachterin* überängstlich, so verweigert er/sie ein positives Gutachten. Die psychischen Belastungen für die betroffene trans*Person überwiegen hier dann das geringe Risiko der Detransition bei Weitem. 

Filmtipp: "Trans*: Wer bestimmt mein Geschlecht?"

Der Prozess der Begutachtung wird von vielen trans*Personen in Deutschland als sehr entwürdigend erlebt. Je nach Gutachter*in kann dieser Prozess unkompliziert verlaufen oder aber zum Spießrutenlauf werden.

Gutachten in Österreich

In Österreich ist das Verfahren insgesamt unkomplizierter als in Deutschland, und es braucht hier kein gerichtliches, sondern ein

1.     psychotherapeutisches ODER psychologisches Gutachten

2.     und ein fachärztliches Gutachten,

welches formal "Stellungnahme" lautet.


Allerdings gibt es auch in Österreich noch viel zu tun. Trans* und inter*geschlechtliche Menschen sehen sich noch immer mit bürokratischen Hürden konfrontiert, wenn sie selbstbestimmt in ihrem Wunschgeschlecht leben möchten.

Denn der Personenstand ist in Österreich nicht frei und selbstbestimmt wählbar. Möchte ein trans*Mensch seinen Personenstand ändern, so benötigt er pathologisierende Diagnosen und psychiatrische Gutachten, die der betroffenen Person eine psychische Erkrankung ausstellen. Die strikte Regulierung des Zugangs zu trans*spezifischen Behandlungen durch psychologisch-psychiatrische Begutachtung steht in der Kritik von trans*Organisationen. Geschlechtsdysphorie und trans*Identitäten haben nämlich nichts mit einer psychischen Erkrankung zu tun.


In Österreich dürfen trans*Menschen heute auch ohne körperliche Behandlungen (wie Hormone, Operationen) ihren Personenstand ändern. Dazu sind allerdings psychologische Begutachtungen nötig, was viele trans*Menschen als Bevormundung empfinden, weil sie selbst darüber entscheiden möchten, wie sie leben. Sie fordern mehr Selbstbestimmung über ihren Körper und medizinische Behandlungen.

Schwul/lesbisch im Alter - Psychologische Hilfe Salzburg/Hamburg
von Florian Friedrich 29. Oktober 2025
Probleme und Schwierigkeiten homosexueller Senior*innen Menschen, die heute alt oder hochbetagt sind, kommen aus Generationen, in denen es nicht selbstverständlich war, offen als schwul/lesbisch oder bisexuell zu leben. Lange Zeit gab es in Deutschland und Österreich rechtliche Verfolgung und eine rigorose Strafgesetzgebung, welche Homosexualität streng verfolgte und mit Inhaftierung sanktionierte. Auch in der Psychologie galt Homosexualität bis in die 1990er Jahre als eine schwere psychische Störung, als eine abartige Perversion und psychische Pathologie, die es mittels Konversionstherapie zu heilen galt. In den Kirchen wurden schwule, lesbische und bisexuelle Menschen als schwere Sünder gebrandmarkt.
Schwule, lesbische, bisexuelle Lehrer*innen - Beratung und Hilfe
von Florian Friedrich 29. Oktober 2025
Viele Lehrer*innen verstecken ihre Homosexualität Selbstverständlich ist es nicht notwendig, jedem Menschen oder seinen Schüler*innen die eigene sexuelle Orientierung mitzuteilen. Allerdings verstecken oder verheiml ichen viele Lehrer*innen ihre Homosexualität oder Bisexualität aktiv und gehen nicht locker, offen und selbstverständlich mit ihr um. Sie leben in ständiger Angst, dass ihre sexuelle Orientierung bekannt werden könnte. Dies kostet viel Kraft und Energie und kann zu Angststörungen oder Depressionen führen. Sexuelle Vielfalt und Diversität richtet sich nicht nur an Schüler*innen, sondern adressiert auch Lehrer*innen und möchte ihnen Sicherheit und Schutz vermitteln.
Schlafmythen zu Schlafstörungen  - Probleme beim Einschlafen
von Florian Friedrich 29. Oktober 2025
Was kann ich tun, wenn ich Probleme beim Einschlafen habe? Bezüglich des gesunden Schlafes gibt es v iele Halbwahrheiten, Mythen und Märchen. Lesen Sie in diesem Artikel von den sieben Schlafmythen und Märchen und was gesunder Schlaf ist.
Hormontherapie für trans*Männer - Wirkungen auf den Körper
von Florian Friedrich 29. Oktober 2025
Welche Effekte hat Testosteron auf den Körper? Biologische Mädchen und Frauen, die sich als Buben oder Männer fühlen (trans*Buben/trans*Männer, also Buben und Männer, die transident, transg ender oder transsexuell sind) nehmen häufig Hormonbehandlungen auf sich, um sich ihrem Wunschgeschlecht äußerlich anzunähern. Lesen Sie in diesem Artikel, welche erwünschte und unerwünschte Wirkungen auf den Körper die maskulinisierende Hormonbehandlung für trans*idente Männer haben kann.