Schwul/lesbisch im Alter - Psychologische Hilfe

Florian Friedrich • 29. Januar 2024

Probleme und Schwierigkeiten homosexueller Senior*innen

Menschen, die heute alt oder hochbetagt sind, kommen aus Generationen, in denen es nicht selbstverständlich war, offen als schwul/lesbisch oder bisexuell zu leben.

Lange Zeit gab es in Deutschland und Österreich rechtliche Verfolgung und eine rigorose Strafgesetzgebung, welche Homosexualität streng verfolgte und mit Inhaftierung sanktionierte. Auch in der Psychologie galt Homosexualität bis in die 1990er Jahre als eine schwere psychische Störung, als eine abartige Perversion und psychische Pathologie, die es mittels Konversionstherapie zu heilen galt. In den Kirchen wurden schwule, lesbische und bisexuelle Menschen als schwere Sünder gebrandmarkt.

Schwul, lesbisch und bisexuell im Alter

Traumen und Wunden können im Alter wieder aufbrechen

Alte und hochbetagte Menschen wurden somit in einer Zeit sozialisiert, in welcher ständig strafrechtliche Verfolgung, soziale Ächtung, Imageverlust, Kündigungen im Beruf und gesellschaftliche Diskriminierung drohten, wenn die Homosexualität bekannt wurde. Diese Erlebnisse haben oft Wunden und Traumen hinterlassen und sich tief in die Psyche eingebrannt. Die betroffenen Menschen konnten sich meist nicht einmal in ihren Familien oder im Freundeskreis outen und fühlten sich zutiefst einsam. In der Regel waren sie gezwungen, Scheinehen einzugehen und ein belastendes Doppelleben zu führen. Die Homosexualität bzw. Bisexualität musste das ganze Leben lang geheim gehalten werden.

Das Ausleben der romantischen, erotischen und homosexuellen Bedürfnisse war mit hohen Risiken verbunden.


Alte schwule und lesbische Menschen waren damit ihr gesamtes Leben lang gezwungen, ein falsches Selbst und eine falsche Identität vorzuspielen. Sie mussten Heterosexualität vortäuschen, da ihnen ansonsten das soziale Aus drohte.

Zudem wurde bis in die 1990er Jahre Homosexualität mit Pädophilie gleichgesetzt. Schwule und bisexuelle Männer galten automatisch als perverse Kinderschänder und Päderasten ("der böse Onkel verführt und missbraucht Buben und junge Männer"). Diese Ängste wirken heute bei alten Menschen noch immer nach, da sie sich Jahrzehnte-lang verfestigt und chronifiziert haben.

Reportage: Schmerzhafter Weg bis zum Outing: "Gay & Grey"-Treffpunkt hilft schwulen Senioren

Ein Film von SWR Landesschau Rheinland-Pfalz

Alte schwule Männer sprechen von Polizeigewalt, Zwangspsychotherapien und Inhaftierungen wegen des Auslebens ihrer homosexuellen Bedürfnisse - ein erschütterndes Zeugnis über das unermessliche Leid homosexueller Menschen bis in die 1980er Jahre.

Alte homosexuelle/bisexuelle Menschen und verinnerlichte Homophobie

Viele homosexuelle und bisexuelle Männer und Frauen verinnerlichten diese gesamtgesellschaftliche Homosexualitätsfeindlichkeit (Homophobie) und betrachteten sich fortan selbst als krank, pervers, sündhaft und abartig. Dieses Phänomen wird auch als "verinnerlichte Homophobie" bezeichnet.

Was wundert es da noch, dass es so wenige ältere, alte und hochbetagte Menschen gibt, die sich offen zu ihrer Homosexualität/Bisexualität bekennen.


In der Schwulen- und Lesbenszene gibt es keine Kultur des guten Alterns

Auch innerhalb der schwulen und lesbischen Mainstream-Community fehlt es an Akzeptanz für alte und hochbetagte schwule, lesbische und bisexuelle Personen. Es gibt einen krankhaften und narzisstischen Jugendkult, und ein Mensch, der über 40 Jahre ist, gilt bereits als alt. Nur wer jung, knackig und durchtrainiert ist, gilt in der kommerziellen Szene als schön und attraktiv.

Auffallend jedoch nicht verwunderlich ist, dass in der Schwulen- und Lesbenszene kaum Menschen anzutreffen sind, die älter als 55 Jahre sind. Besuchen ältere Personen dennoch ein schwules/lesbisches Lokal, so werden sie nicht selten belächelt, bemitleidet, verhöhnt, nicht für ernst genommen und damit stigmatisiert. Sie stellen eine Minderheit innerhalb einer Minderheit dar.

Damit bleibt die gesamte Mainstream-Szene zu jung und altert nicht. Es wird kein kollektives Erfahrungswissen des guten Alterns gesammelt

Dokumentation: "Pflege-WG für schwule Männer" (ARD Mittagsmagazin)

Sehe die europaweit erste Pflege-WG für schwule Männer. In vielen Pflegeeinrichtungen gibt es noch immer viel Homophobie.

Wir haben noch immer das Bild der dienenden Pflege, das völlig veraltet ist. Auch ist die Pflege nicht der Medizin untergeordnet, sondern sie ist eine eigene Profession, ein sozialwissenschaftlicher Beruf. Damit ist sie ein wesentlicher Bestandteil interdisziplinärer Teams rund um die Patient*innen. Dieser Zugang kann Pflegenden helfen, besser mit sich selbst, Diversity und LGBTIQA* umzugehen.

Psychotherapie im Alter kann eine Hürde sein

Besonders schwierig gestaltet sich der Kontakt zu einem Psychotherapeuten/zu einer Psychotherapeutin, wenn diese*r nicht aus der LGB-Community ist. Es gibt noch immer zu wenige Psychotherapeut*innen, die auf Homosexualität und Bisexualität spezialisiert sind und diesbezüglich eine gute Feld- und Fachkompetenz haben.

Hier können dann Selbsthilfegruppen und Teilhabegruppen eine wichtige psychologische und soziale Unterstützung und Ergänzung bieten, da wir als Gruppentiere auch immer Gemeinschaften benötigen, in denen wir uns geborgen und zuhause fühlen. 


Die Bundesvertretung schwuler Senioren (BISS) in Deutschland

BISS setzte es sich zur Aufgabe, die Selbstorganisation, die Selbsthilfe und die gesellschaftliche Teilhabe älterer schwuler Männer zu stärken und stellt damit eine Empowerment- und Emanzipationsbewegung dar, da das Thema Homosexualität und Bisexualität im Alter noch immer ein Tabu ist. 

Melde Dich bei Biss, wenn Du Kontakt zu Selbsthilfegruppen suchst. 


Meine psychologische Hilfe für ältere schwule, lesbische und bisexuelle Menschen in Salzburg / Wien / Hamburg

Ich unterstütze Dich dabei, auch noch im vorangeschrittenen oder hohen Alter Frieden mit Deiner sexuellen Orientierung zu schließen und diese in Dein Leben zu integrieren. Auch die Trauer um verlorene Lebensjahre, in denen die Homosexualität nicht gelebt oder ausgelebt werden konnte oder durfte, soll in der Psychotherapie Raum haben.

Das Bedürfnis nach Partnerschaft, Liebe, Erotik und Sexualität kann auch thematisiert werden, und wir können zusammen suchen, wie Deine Bedürfnisse befriedigt werden können.


Themen einer Psychotherapie können etwa sein:

  • Trauer über Wunden in der Biographie
  • nicht gestillte Bedürfnisse
  • Verliebtheit im Alter
  • Homophobie in Senior*innen-Einrichtungen
  • Einsamkeit
  • Liebe, Sexualität und Partnerschaft im Alter
  • Diskriminierung und Stigmatisierung
  • Traumen und Wunden
  • Ängste und Sorgen
  • Sterben und Tod
  • der Umgang mit körperlichen Gebrechen
  • Depressionen
  • Glaube, Spiritualität und Homosexualität
  • eine bestehende heterosexuelle Partnerschaft
  • das Verhältnis zu den eigenen Kindern

Doku von ProSieben: "Homosexualität damals vs. heute - Gay & Grey"

Homosexualität - Was kann mir helfen, mich selber zu akzeptieren?
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Auch Schwule, Lesben und Bisexuelle sind homophob Kein Mensch ist völlig frei von Homonegativität bzw. Homophobie. Wir alle haben Tendenzen dazu, so auch LGBs (schwule Männer, lesbische Frauen und bisexuelle Menschen). Lesen Sie in diesem Artikel, was Ihnen helfen kann, sich selbst zu akzeptieren.
Ängste, Zwänge:  Tipps zum Umgang mit zwanghaften Gedanken
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Zwangsgedanken und Katastrophenphantasien Viele Menschen, die unter Ängsten, Zwängen und Zwangsstörungen leiden, haben sehr angstmachende Gedanken, Katastrophenphantasien und Zwangsgedanken. Sie neigen zu stundenlangem Grübeln, verlieren sich selbst darin und vergeuden ihre Lebenszeit. Oder sie versuchen diese Gedanken zu unterdrücken, sich diese zu verbieten und abzustellen, was enorm viel Energie und Kräfte kostet und nicht lange gelingt. Denn je mehr wir etwas (Gedanken, Gefühle, Bedürfnisse) verdrängen, desto mächtiger kann es werden. Ich möchte hier eine Methode vorstellen, die sich "Defusion" nennt und die aus der Verhaltenstherapie (der Akzeptanz- und Commitment-Therapie) kommt. Lesen Sie in diesem Beitrag Tipps, um einen besseren Umgang mit Ängsten und zwanghaften Gedanken zu finden.
Zwang und Zwangsstörungen: Tipps zum Umgang mit Zwangshandlungen
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Wie kann ich Zwänge oder Zwangshandlungen loswerden? Nicht immer ist es möglich, alle Zwänge oder Zwangshandlungen loszuwerden. Allerdings können Sie lernen, besser mit sich selbst und Ihren Zwängen umzugehen, sodass diese Zwänge im Laufe der Zeit als Nebeneffekt immer weniger werden. Lesen Sie in diesem Beitrag Tipps, Ideen und Anregungen, wie Sie Ihre Zwangshandlungen besser in den Griff beko mmen und wie Sie anders damit umgehen können. Ich biete psychologische Hilfe und Psychotherapie an, wenn Zwangsstörungen, Zwänge oder Zwangshandlungen Ihre Lebensqualität vermindern.
Psychische Gewalt: Wie kann ich mich vom Täter lösen?
von Florian Friedrich 12. September 2025
Verinnerlichte Täter*innen und Täter*innen-States Lebe ich in ein er toxischen zwischenmenschlichen Beziehung oder Partnerschaft und werde von meinem/meiner Partner*in chronisch psychisch, körperlich oder sexuell gewaltvoll behandelt, so nehme ich im Laufe der Zeit den/die Täter*in in mein Inneres hinein, ich verinnerliche ihn/sie also. Es bilden sich dann neue schädliche, maligne oder Täter*innen-loyale Ich-Zustände, die sogenannten „Ego-States“ aus, die ich hier umgangssprachlich als „innere Täter*innen“ oder „Täter*innen-States“ bezeichne. Innere Täter*innen können mich massiv unter Druck setzen, mich mit Angst, Schuldgefühlen, Panik, Ohnmacht und Hass überfluten und mich handlungsunfähig machen. Ich fühle mich dann unsicher, hilflos und stark beeinträchtigt. Lesen Sie in diesem Beitrag Tipps und Anregungen, wie Sie sich vom (auch verinnerlichten) Täter/von der Täterin lösen können. Ich biete psychologische Hilfe und Traumatherapie an, wenn Ihnen psychische oder sexualisierte Gewalt widerfährt.