Sind trans*idente Frauen auf cis Frauen eifersüchtig?

Florian Friedrich • 5. Juni 2023

Ein Gegenkommentar auf Frau Elfriede Hammerls Kolumne auf profil.at

Lesen Sie in diesem Beitrag, warum trans*idente Frauen nicht neidisch oder eifersüchtig auf cis Frauen sind und erfahren Sie mehr über problematische Vorurteile gegenüber trans*Personen und wie es trans*Menschen geht, wenn sie nicht in ihrer Authentizität gesehen werden.

Sind trans*idente Frauen auf cis Frauen eifersüchtig?

Begriffsbestimmung

Trans* heißt, dass sich ein Mensch nicht mit seinem Geburtsgeschlecht identifizieren kann, sondern mit dem anderen Geschlecht. Manche Menschen fühlen sich auch zwischen den Geschlechtern. Unter trans* fallen Personen, die trans*ident, trans*gender, transsexuell, genderfluid, nicht binär, divers, polygender, gender-queer, agender u.v.m. sind. Nur ein paar Promille der Gesamtbevölkerung sind trans*.

Cis sind all jene Menschen, die sich mit ihrem Geburtsgeschlecht identifizieren können, also fast alle Personen.


Neue Vorurteile

In den letzten Monaten lese ich in der öffentlichen medialen Debatte immer wieder das Vorurteil, dass trans*Frauen auf cis Frauen wütend seien, so etwa von Elfriede Hammerl:

"Wer eine Frau ist - Konkurrenz auf High Heels um das Wohlwollen der Patriarchen." (Profil, Kolumne vom 6.8.2022)

Frau Hammerl ist eine österreichische Schriftstellerin und Journalistin, hat das österreichische Frauenvolksbegehren mitinitiiert, sich stark für die Rechte von Frauen eingesetzt, für das Liberale Forum kandidiert und besticht durch ihre Kreativität und ihr Lebenswerk.

Ich vermisse jedoch ihre sonstige Feinfühligkeit in der Kolumne. Vielmehr scheint Frau Hammerl sich auf trans*Frauen regelrecht einzuschießen. Frau Hammerl vereinnahmt hier zudem die Gefühle von trans*Frauen und unterstellt ihnen Wut auf cis Frauen. Aus diesem Grund möchte ich hier als Psychotherapeut der Existenzanalyse, der mit trans*Menschen arbeitet und sie auf ihrem Prozess der Selbstfindung begleitet, ein gegen-Statement abgeben.


Gesunde Empörung und Wut

Die meisten trans*Frauen, die ich kenne, fühlen Wut, Zorn und Empörung, wenn sie nicht so gesehen und ernst genommen werden, wie sie sich authentisch fühlen, nämlich als Frauen. Dies ist eine völlig berechtigte, gesunde Wut, denn Gefühle, in Anspielung auf Erich Fried, sind und lügen nicht. Diese reaktive Wut hat jedoch nichts mit Wut, Neid oder Missgunst auf cis Frauen zu tun. Die Aggression ist eine gesunde Emotion, die (trans*) Menschen benötigen, um sich zu schützen, zu verteidigen und zu wehren.

Zudem stellt sich Frau Hammerl selbst als potentielles Opfer dar, wenn sie postuliert:

"Der wahre Widerpart für die Aktivistinnen der Trans-Frauen sind, so scheint es, die Bio-Weiber, die ihnen den Körper voraushaben, den sie sich wünschen. Für diese grobe Schlussfolgerung kriege ich bestimmt Prügel."


Minderheitenstress und Gewalt

Tatsächlich gibt es trans*Frauen und LGBTIQA*, die unter Minderheitenstress leiden oder sogar aufgrund psychischer Gewalt, trans*Negativität etc. extrem traumatisiert sind und selbst gewaltvoll werden bzw. eigene Verletzungen weitergeben. Solche Akte von Gewalt, wie sie etwa J.K. Rowling erleben musste, die nach trans*kritischen, biologistischen Kommentaren Morddrohungen erhielt und deren Bücher verbrannt wurden, verurteile ich und habe ich bereits in einem anderen Artikel heftig kritisiert. Sie tragen dazu bei, dass sich die Fronten zunehmend verhärten. Hier werden die Opfer selbst zu Täter*innen oder sogar noch schlimmer als diese.

Die Ursachen dieser Traumatisierungen liegen fast immer im Patriarchat und im Heterosexismus, in der starren Matrix der Binarität der Geschlechter unter denen alle Frauen, aber auch wir emanzipierten Männer leiden.

Filmtipp: "Alice Schwarzer und die Transsexualität"

Auch die Feministin Alice Schwarzer tut sich schwer mit dem Phänomen der trans*Identität. Vorschnell wird trans*Männern unterstellt, dass sie lediglich unter ihrer weiblichen Genderrolle leiden. Damit wird trans*Identität nicht ernst genommen, wodurch sich die Positionen extrem verhärten.


Resilienz von trans*Personen

Ich selber mache jedoch als Psychotherapeut die Erfahrung, dass die meisten trans*Frauen psychisch sehr gesund, stabil und voller Lebensfreude sind und trotz trans*Phobie, unendlich viel Leids und viel Diskriminierung zu sich selbst stehen und ihrem authentischen Spüren vertrauen, nämlich, dass sie Frauen sind. Dieses Frau-Sein strahlt von Innen heraus und hat nichts mit High Heels und langen Fingernägeln zu tun. Es ist das Wahrhaftige, Personale, Echte, Authentische, Gesunde und Wesenhafte im Menschen, das hier trotz aller äußeren Schwierigkeiten, Schikanen und trans*phoben Gewalterfahrungen hervorkommt und sich zeigen möchte. Ich spüre oft schon im Erstgespräch, in den ersten Sekunden während der Begrüßung, dass mir hier eine Frau mit einer wahrhaftigen, authentischen Weiblichkeit gegenübersitzt, auch dann, wenn die betroffene trans*Frau noch in der sozialen Rolle des Mannes zu mir kommt und einen Mann "spielt", weil sie das im Alltag jeden Tag muss.


Auch frage ich mich, wo all die trans*Frauen sein sollen, die sich selbst als Sexobjekte inszenieren? Alle mir bekannten trans*Frauen sind sehr subtil, geschmackvoll und dezent gekleidet.

Im Übrigen ermutige ich meine trans*femininen Klient*innen im therapeutischen Prozess sogar, mit den viel geschmähten Accessoires wie High Heels, langen künstlichen Fingernägeln, Strumpfhosen etc. zuhause oder an einem sicheren Ort, wo keine Diskriminierung droht (etwa in meiner Praxis), zu experimentieren und diese zu tragen. Es geht hierbei um das sich-Ausprobieren, aber auch um Lebensfreude, Ausdruck, das Spielerische (denn schwer haben es trans*Personen ohnehin schon genug) und Kreativität, um das sich-Spüren, mit welchen Kleidungsstilen und Accessoires ich mich wohl fühle, welche für mich stimmen und welche nicht. Fühlt eine (trans*) Frau sich mit Pumps, High Heels und künstlichen Wimpern echt, selbstbestimmt und authentisch, dann würde sie sich selbst verfehlen, diese Accessoires nicht zu tragen und es wäre ideologisch und somit missbräuchlich, ihr die Pumps, Augenbrauen oder künstlichen Fingernägel auszureden.


Das Echte im Menschen

Ich möchte an dieser Stelle hervorheben, dass ich es als eine große Stärke und Ressource erachte, wenn trans*Menschen trotz schwerer Traumatisierungen, Stigmatisierungen und Diskriminierungen zu ihrer trans*Identität finden und stehen. Wer dies kann, muss über erstaunliche innere Kraftquellen und Skills verfügen. Auch die Unterstellung des Hypes und die Diskussion um den Machbarkeitswahn sind plakativ und ignorieren, dass es viele trans*Personen gibt, die keine oder nur wenige geschlechtsangleichende, körpermodifizierende Maßnahmen anstreben. Zudem ist eine Aussöhnung mit dem Geburtsgeschlecht fast nie möglich, sonst wäre es ja nicht trans*Identität.

Es geht hier auch nicht um Ideologien, denn trans*Menschen sind nicht aufgrund von Ideologien trans* oder streben Operationen an, sondern es geht rein darum, was eine trans*Person in ihrem tiefsten Innersten spürt und fühlt. Wenn sich hormonelle Maßnahmen und chirurgische Angleichungen stimmig und echt anfühlen, dann sind sie berechtigt und lindern viel Druck, Not und Leid. Die Angleichung wird dann zum Ausdruck des liebevollen, gesunden und fürsorglichen Umgangs mit sich selbst. Ich bin es mir in diesem Fall als trans*Frau schuldig, körpermodifizierende Maßnahmen machen zu lassen und könnte es am Ende meines Lebens bedauern und bereuen, dies nicht getan zu haben.


Unermessliches Leid

Frau Hammerl, Frau Schwarzer und viele andere Feministinnen haben hier keinen Blick für das oft unermessliche Leid und die innere Not, die trans*Menschen in unserer noch immer sehr patriarchalischen Gesellschaft fühlen. Trans*Personen haben es viel schwerer als ich. Ich kann als cis Mann diesen inneren Schmerz nur würdigen, denn dieses Leid, diese Not aber auch ein nicht so gutes Passing auszuhalten kosten extrem viel Kraft und Lebensenergie.

Hut ab vor allen trans*Personen, die die Stärke und Resilienz haben und die Courage aufbringen, sich auf den langen, harten und steinigen Weg der Transition zu machen, ernst zu machen mit dem eigenen Sein und ihre Authentizität zu leben. Leicht haben sie es dabei nicht, vor allem dann nicht, wenn es so sehr an Solidarität mangelt.

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