Sich aus toxischen Partnerschaften lösen
Warum brauchen Menschen oft so lange, sich aus toxischen Partnerschaften zu lösen?
Das liegt an einer Mischung aus psychologischen, emotionalen und sozialen Faktoren, die eng mit unserem Bindungssystem und Gehirnchemie verknüpft sind. Hier ist eine kurze Erklärung.

1. Bindungsmuster und Angst vor Verlust
Menschen, die ängstlich gebunden sind, fürchten oft Ablehnung oder Trennung stärker als das eigene Unglücklichsein. Selbst wenn die Beziehung toxisch ist, überwiegt die Angst, allein zu sein. Unser Gehirn interpretiert Bindung manchmal stärker als Sicherheit als Schmerz, den wir aktuell erleben.
2. Emotionale Abhängigkeit und Belohnungssystem
Toxische Beziehungen sind oft wie eine Achterbahn: kurze Momente intensiver Zuneigung oder Liebe wechseln mit Konflikten und Enttäuschungen. Diese kleinen Belohnungen aktivieren das Dopamin-System im Gehirn, ähnlich wie bei Suchtverhalten. Menschen bleiben oft in der Hoffnung, dass das nächste Hoch kommt, obwohl die Beziehung insgesamt schädliche Auswirkungen auf sie hat.
3. Verzerrte Wahrnehmung und Hoffnung auf Veränderung
Toxische Partner versprechen oder zeigen manchmal Veränderung – das erzeugt kognitive Dissonanz: Man sagt sich, dass alles besser wird, obwohl die Realität anders aussieht. Die Hoffnung auf Verbesserung kann jahrelang halten, weil das Gehirn Veränderungen überschätzt, wenn Liebe und Nähe im Spiel sind. Auch gibt es in unserer Kultur viele Ideale, dass man durch Liebe einen Partner, der sich gewaltvoll verhält, heilen könne. Denken Sie etwa an das Märchen bzw. die Walt-Disney-Verfilmung von "Die Schöne und das Biest". Ich habe immer wieder Männer und Frauen in meiner Praxis sitzen, die diesem Ideal über Jahrzehnte hinweg auf den Leim gegangen sind.
4. Selbstwertprobleme und Schuldgefühle
Viele Opfer toxischer Beziehungen internalisieren die Schuld: „Wenn ich besser wäre, würde er/sie bleiben“ oder „Ich muss das aushalten“. Das schwächt die Fähigkeit, Grenzen zu setzen oder die Beziehung zu verlassen.
5. Sozialer und praktischer Druck
Gemeinsame Wohnung, Kinder, Freunde, Familie oder finanzielle Abhängigkeit erschweren den Schritt. Manchmal bleiben Menschen aus gesellschaftlicher Erwartung, obwohl innerlich schon klar ist, dass die Beziehung ungesund ist.
6. Trauma-Bindung
Wer toxische Muster wiederholt erlebt, kann eine Trauma-Bindung entwickeln: intensive emotionale Bindung an jemanden, der einen verletzt. Das Gehirn verknüpft Nähe mit Schmerz, was den Ausstieg extrem erschwert.
Fazit
Menschen bleiben oft lange in toxischen Beziehungen, weil Angst, Bindung, Suchtmechanismen und soziale Faktoren zusammenwirken. Das bedeutet nicht Schwäche – es ist ein normales menschliches Verhalten. Der Schlüssel liegt darin, die Muster zu erkennen, Selbstwert zu stärken und schrittweise emotionale und praktische Distanz zu gewinnen.
Podcast von Verena König: "Wie du dich aus toxischen Verbindungen lösen kannst"
In dem obigen Video findest Du wesentliche Anregungen, die Verena König empfiehlt, sich aus toxischen Beziehungen zu lösen:
Verstehen, warum man bleibt
König betont, dass toxische Bindungen oft tief im Unbewussten verankert sind. Selbst wenn man bewusst erkennt, dass die Beziehung schädlich ist, kann ein innerer Mechanismus weiterhin festhalten – insbesondere, weil frühere Bindungserfahrungen (z. B. Kindheitstraumata) unwillentlich wiederholt werden. Das Selbstbild und emotionale Muster wirken weiter, auch wenn der Verstand „schon längst gehen möchte“.
Den Schlüssel im Inneren finden
Der eigentliche Schlüssel zur Lösung liegt laut ihr nicht nur im äußeren Trennen, sondern darin, das eigene innere Erleben zu verstehen und zu transformieren. Das heißt:
- sich der eigenen Bedürfnisse, Gefühle und Verletzungen bewusst werden,
- die Muster hinterfragen, die zu toxischen Beziehungen geführt haben,
- und lernen, diese nicht mehr unwillkürlich zu reproduzieren.
Bewusstsein allein reicht nicht
Allein zu wissen, dass die Beziehung toxisch ist, reicht oft nicht zum Loslassen – weil das Unbewusste alte Muster weiterhin bestätigt haben möchte. König betont, dass es darum geht, diese inneren Überzeugungen, die tief in uns sitzen, zu bearbeiten.
Die Beziehung zu sich selbst stärken
Ein weiterer zentraler Punkt ist, dass die Beziehung zu sich selbst eine wichtige Rolle spielt: Nur wer lernt, auf die eigene Wahrnehmung zu vertrauen und die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen, kann konsequent Grenzen setzen und schädliche Bindungen verlassen.
Trennung als Prozess verstehen
König sagt, dass eine Trennung oft kein einmaliger Akt ist, sondern ein Prozess:
- Zuerst die Erkenntnis,
- dann die Entscheidung,
- und schließlich die Umsetzung eigener Bedürfnisse und das konsequente Setzen von Grenzen.
Wichtig ist, dass dieser Prozess zeitlich und emotional Raum bekommt.
Nervensystem und Trauma berücksichtigen
In Königs Buch und Podcast spielt die Verbindung zwischen Trauma, Nervensystem und Bindungsmustern eine große Rolle: toxische Beziehungsmuster sind oft Ausdruck eines überlebensbezogenen Reaktionssystems, das früher einmal notwendig war – aber im Erwachsenenleben nicht mehr dient. Indem man beginnt, das Nervensystem bewusst wahrzunehmen und zu regulieren, kann man die automatischen Reaktionsmuster nach und nach verändern.
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