Mag. Florian Friedrich, BA

Psychotherapeut (Existenzanalyse)

Traumatherapeut

in Salzburg / Hamburg



Wichtig: Ich bin in meiner Praxis und auf meiner Warteliste schon komplett voll und kann daher niemanden mehr aufnehmen (eine Ausnahme sind Supervisionen).

Homosexualität: Was ist verinnerlichte Homonegativität?

Florian Friedrich • Sept. 19, 2023

Selbsthass wegen Homosexualität / Bisexualität

Verinnerlichte Homonegativität meint das Phänomen, dass schwule Männer, bisexuelle Menschen und lesbische Frauen sich wegen ihrer Homosexualität bzw. Bisexualität selbst hassen, ablehnen, ekelig fühlen, Schuldgefühle haben und sich schämen. Ein Synonym für "Homonegativität" ist das ältere Wort "Homophobie".

Homosexualität: Was ist verinnerlichte Homonegativität?

Die Mehrheit schämt sich für ihre Homosexualität

In anonymen Onlineumfragen auf einer bekannten schwulen Datingplattform gaben etwa 75 Prozent aller schwulen und bisexuellen Männer an, dass sie sich im tiefsten Innersten ihrer sexuellen Orientierung schämen oder diese abwerten und ablehnen. Sie äußerten, dass sie lieber heterosexuell wären und gerne für heterosexuell gehalten werden. Zudem würden sie sich schämen, wenn sie zusammen mit offen homosexuell auftretenden Menschen oder trans*identen Personen auf der Straße und im öffentlichen Raum gesehen werden.

Es gibt auch den Begriff der „Homophobie“, der jedoch etwas irreführend ist: Eine Phobie ist nämlich eine irrationale Furcht vor etwas (etwa vor Spinnen). Bei der Homonegativität geht es allerdings mehr um Hass, innere und äußere Ablehnung, Gewalt, Ekel, Schuldgefühle, Scham und Abwertung.


Wenn homophober Hass verinnerlicht wird

Gefährlich ist, dass Opfer homonegativer Diskriminierung diese in ihr Inneres hineinnehmen und verinnerlichte Homonegativität entwickeln. Sie erleben dann Gewalttaten und Benachteiligungen als gerechtfertigt und so, als ob sie die psychische oder körperliche Gewalt verdient hätten. Auch Selbsthass kann eine Folge von verinnerlichter Homonegativität sein. Die eigene Homosexualität/Bisexualität wird dann als schlecht und minderwertig erlebt, als etwas, für das es sich zu schämen gelte. Internalisierte Homonegativität geht mit einer tiefen Selbstablehnung und Selbstabwertung einher. Die Betroffenen fühlen sich innerlich gespalten zwischen ihren authentischen Bedürfnissen nach Identität, Liebe, Partnerschaft und Sexualität und ihrer schweren Selbstentwertung sowie ihrer Ablehnung. Die verinnerlichten homophoben Normen quälen dann das Individuum. Vermeide ich ein authentisches Leben, dann können diese Zerrissenheit und das Versteckspiel immer stärker werden.


Die Identifikation mit den Täter*innen als Selbstschutz

Diesen Mechanismus nennt die Psychoanalyse „Identifikation mit dem/der Aggressor*in“. Er wurde erstmals von Anna Freud (der Tochter von Sigmund Freud) beschrieben. D.h. wir identifizieren uns aus Selbstschutz mit dem/der homonegativen Täter*in, weil dies kurzfristig unsere Psyche vor größeren Schäden bewahrt.

Dies erklärt etwa, warum sich Geiselopfer in ihre Entführer*innen verlieben und sie dann sogar im Gefängnis besuchen (das so genannte „Stockholm Syndrom“). Langfristig schadet dieser eigentlich geniale Selbstschutzmechanismus unserer Seele aber, weil wir den/die Täter*in verinnerlichen und in unser Innerstes hineinnehmen. Wir handeln dann entweder selbst wie der/die ursprüngliche Täter*in und agieren unsere erfahrene Homonegativität genauso brutal, hasserfüllt und toxisch an anderen Personen aus (dann werden etwa schwule Männer und lesbische Frauen manchmal Neonazis), oder wir gehen mit uns selbst um, wie das der/die homonegative Täter*in einst tat, z.B. durch psychische und körperliche Selbstverletzungen, Selbstabwertungen etc.


Nicht immer gehen Homonegativität und Homophobie von konkreten einzelnen Täter*innen aus. Auch Mikro- und Makrosysteme können sich diskriminierend, stigmatisierend und toxisch Verhalten, etwa Familiensysteme, Freikirchen, Religionsgemeinschaften, Schulen und Ausbildungsstätten, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Peer-Gruppen, Lehrstellen, die Justiz, die Exekutive, Parteien und Staaten. Dabei ist die Homonegativität mal mehr mal weniger subtil, wird aber dennoch verinnerlicht.

Filmtipp: "Homophobie begegnen"

Homophobie von außen wird als seelisches Gift oft verinnerlicht und dann gegen sich selbst gerichtet. Diesen Prozess nennt man "verinnerlichte Homophobie".

Selbstschädigendes Verhalten und Selbstverletzungen

Menschen, die ihre eigene (Homo-)Sexualität ablehnen, legen häufiger ein selbstschädigendes Verhalten an den Tag: Drogenmissbrauch, bewusste oder unbewusste Selbstverletzungen, aber auch ungeschützter Sexualverkehr, bei dem aufgrund eines vorbewussten Strafbedürfnisses das Risiko einer Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten eingegangen wird. Menschen, die sich mit ihrer sexuellen Orientierung so akzeptieren, wie sie sind, tun dies viel seltener.


Fallbeispiel

Herr L. ist schwul, 45 Jahre alt und versteckt seine Homosexualität seit über 30 Jahren. Da er sich seiner sexuellen Orientierung so sehr schämt, kann er diese nicht offen ausleben. Wenn er etwa schwule Freunde und Bekannte auf der Straße oder im öffentlichen Raum trifft, dann tut er so, als ob er diese nicht kenne, was diese wiederum kränkt und verletzt. Dadurch wird Herr L. im Laufe der Zeit immer einsamer.


Aufgrund seiner Scham und seiner großen Ängste vor Ablehnung kann Herr L. auch keine Partnerschaft führen. Sein Expartner hat ihn verlassen, weil Herr L. niemals zu ihm stehen konnte. In seinem heterosexuellen Freundeskreis ist Herr L. nämlich nicht geoutet, auch seine Familie weiß nicht um seine Homosexualität. Deshalb musste hier sein Partner immer außen vor bleiben, er wurde verheimlicht und ausgeschlossen oder als guter Kumpel vorgestellt. Herr L. wollte sogar, dass sein damaliger Partner vorspielte, dass er heterosexuell sei und sich möglichst klischeehaft männlich verhalte, also eine Rolle spiele. Irgendwann hielt der Partner von Herrn L. dieses Vorspielen einer falschen Identität und das Versteckspiel nicht mehr aus und trennte sich. Eine authentische, befreite Partnerschaft war mit Herrn L. einfach unmöglich. Herr L. litt sehr unter dieser Trennung, redete sich aber ein, dass als schwuler Mann eine Partnerschaft eben nicht möglich sei.

Herr L. leidet stark unter seiner Homosexualität und fühlt sich zutiefst einsam. Um wenigstens etwas zwischenmenschliche Nähe zu erleben, fährt er an Orte, wo schwule und bisexuelle Männer anonymen, unverbindlichen Sex haben, oder er macht sich über Dating-Portale Sexdates aus. Er hat zahlreiche One Night Stands, die er jedoch nicht innerlich bejaht und derer er sich nicht erfreuen kann, sondern für die er sich wiederum schämt, schuldig fühlt und Selbsthass entwickelt. Er bezeichnet sich selbstabwertend als „sexuelles Schwein“.


Homonegativität ist ein seelisch vergiftender Prozess

Am Beispiel von Herrn L. wird gut ersichtlich, wie Menschen in einen toxischen Prozess geraten, in dem sie von Kindheit und Jugend an verinnerlichen, dass sie sich verbiegen oder falsche, aufgesetzte Gefühle vortäuschen müssen, und dass sie nur geliebt werden, wenn sie ihre authentischen Bedürfnisse und Gefühle unterdrücken und vorgeben, etwas zu sein, was sie nicht sind. Sie lernen zudem, dass ihre echten Gefühle und Bedürfnisse falsch seien und entwickeln zur Kompensierung sekundäre Bedürfnisse (siehe die Sexdates von Herrn L. als Kompensation der Einsamkeit und mangelnden Nähe).


Das falsche Selbst vieler schwuler, lesbischer und bisexueller Menschen

Es entsteht dann ein falsches Selbst. Die betroffenen Personen fühlen ihre ureigenen Emotionen und Bedürfnisse gar nicht mehr und spalten sie mithilfe diverser Abwehrmechanismen ab. Spüre ich kurz mein Bedürfnis oder gehe ihm sogar nach, kann das schwerste Ängste und Schuldgefühle auslösen bis hin zum Selbsthass. Das Abspalten von Bedürfnissen kostet selbstredend enorm viel Kraft und Energie. Die betroffenen Personen sind ständig unter Stress und in psychophysiologischer Alarmbereitschaft. Oft erkranken sie psychosomatisch und entwickeln ein schlechteres Immunsystem, leiden unter Angst und Panikstörungen und missbrauchen Substanzen. Auch Traumafolgestörungen, Psychosen und Suizidalität können auftreten.

Starke Schmerzen - Psychologische Schmerztherapie
von Florian Friedrich 07 Mai, 2024
Was sind chronische Schmerzen und Schmerzstörungen? Chronische Schmerzen und Schmerzstörungen sind oft die Folge von akuten starken Schmerzen, etwa nach Verletzungen. Der Schmerz kann etwa dann chronisch werden, wenn der akute Schmerz nicht ausreichend behandelt wurde. In diesem Fall beginnt der akute Schmerz sich zu verselbständigen. Die Ursache des Schmerzes ist oft schon gar nicht mehr vorhanden, dennoch bestehen die chronischen Schmerzen weiterhin. Dies hängt mit dem Schmerzgedächtnis zusammen. Wenn z.B. immer wieder Schmerzsignale im Rückenmark und im Gehirn ankommen, kann es zu einer Übersensibilisierung gegenüber leichten Schmerzen kommen, die dann als starker Schmerz erlebt werden. Hierbei handelt es sich also nicht um „eingebildete“ Schmerzen, sondern um einen real gegebenen Schmerz. Das Gehirn hat nämlich einen falschen und kontraproduktiven Umgang mit Schmerzen gelernt. Hypnotherapie, hypnosystemische Ansätze und Hypnose Im Rahmen meiner Schmerztherapie arbeite ich mit hynosystemischen Ansätzen und mit Hypnose. Dabei würdigen wir Ihre Tapferkeit und Ihre Stärke. Im Rahmen der Schmerztherapie lernen Sie, von Ihren Schmerzen weniger überflutet zu werden und weniger Hilflosigkeit zu erleben. Stattdessen können Sie die Erfahrung machen, noch kompetenter und wieder handlungsfähig im Umgang mit Ihren Schmerzen zu werden.
Erste Hilfe bei Binge-Eating/Tipps bei Essanfällen
von Florian Friedrich 06 Mai, 2024
Was ist Binge-Eating? Beim Binge-Eating handelt es sich um wiederholte Essanfälle, die als unfreiwillig erlebt werden. Die betroffenen Personen nehmen dabei gewaltige Mengen an Nahrung zu sich (etwa mehrere Torten), führen aber – im Gegensatz zur Essstörung der Bulimie – kein Erbrechen herbei. Beim Binge-Eating handelt es sich um eine Essstörung, welche zur Folge hat, dass die betroffenen Menschen schnell an Gewicht zunehmen. Die Menschen erleben sich als dem Essanfall ausgeliefert, wie unter einem inneren, gigantischen Zwang, große Mengen an Essen in sich hineinzustopfen und die Kontrolle über das Essverhalten (was und wie viel ich esse) zu verlieren. Danach fühlen die davon betroffenen Personen meist Scham, Selbstekel, schwere Schuldgefühle, Depressionen oder Selbsthass. Erfahren Sie in diesem Beitrag Tipps, was Ihnen als Erste Hilfe helfen kann, gut mit sich selbst umzugehen, wenn der Essanfall zu Besuch ist. Ich biete Psychotherapie bei Essstörungen (Magersucht, Bulimie, Binge-Eating) an.
Orientierung und Reorientierung in der Traumatherapie
von Florian Friedrich 06 Mai, 2024
Traumatisierte Menschen können sich nicht gut orientieren Leiden wir unter Traumafolgesymptomen, so verfallen wir oft in Starre oder in die totale Übererregung, die eine gute Orientierung verhindern. Viele Betroffene sind auch hochsensitiv und hypersensibel. Ein mangelnder Filter von Reizen führt dann immer wieder zu Hochstress, Überaktivierung und Erstarrung. Wir können nur lernen und neue korrigierende Erfahrungen verkörpern, wenn wir gut orientiert sind und uns sicher fühlen.
Cross-Dressing - Psychotherapie Salzburg/Hamburg/München
von Florian Friedrich 03 Mai, 2024
Was ist Cross-Dressing und ist es krank? Cross-Dressing bezeichnet das Tragen der Kleidung vom Gegengeschlecht, um sich zeitweilig dem anderen Geschlecht zugehörig zu erleben. Dabei besteht jedoch kein Wunsch nach dauerhafter Geschlechtsangleichung oder nach chirurgischen Eingriffen. Meist denken wir bei Cross-Dressern an Personen mit männlichem Geburtsgeschlecht. Es gibt jedoch auch Cross-Dresser, deren zugewiesenes Geschlecht weiblich ist. Der medizinisch-psychiatrische Begriff " Transvestit " für Cross-Dresser wird manchmal als abwertend empfunden. Er sollte daher nicht vorschnell als Bezeichnung für einen Menschen verwendet werden. " Transe " ist ebenfalls eine abwertende oder sexualisierte Bezeichnung. Gelegentlich verwenden trans* (trans*idente, transsexuelle, transgender, non binäre) Personen oder auch Drag Performer*innen „Transe“ als ironische Selbstbezeichnung. Vermeiden Sie allerdings, mit diesem Begriff über eine Person zu sprechen, da dies als kränkend erlebt werden kann. Cross-Dresser sehen sich mit zahlreichen Vorurteilen konfrontiert, etwa der Unterstellung, dass sie trans*ident seien oder eine andere sexuelle Orientierung hätten. Viele Cross Dresser sind allerdings heterosexuell. Cross-Dressing hat nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun, sondern ist ein davon unabhängiges, eigenständiges Phänomen. Ein Mann, der Frauenkleider trägt, tut dies unabhängig davon, ob er schwul, bisexuell oder heterosexuell ist. Ich biete psychologische Hilfe, Coming-Out-Beratung und Angehörigengespräche bei Cross-Dressing und Transvestitismus an - auch online.
Share by: